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3 Fragen an … Maya Yoken – Bildungsreferentin und Fachexpertin für das Thema rassismuskritische Jugendverbandsarbeit bei der djoNRW

Rassismuskritische Jugendverbandsarbeit mag für viele, insbesondere diejenigen die nicht direkt von Rassismus betroffen sind, erst einmal weit weg klingen. Inwiefern sind Jugendverbände in Deutschland mit Rassismus und Diskriminierung konfrontiert?

Rassismus ist ein komplexes und tief in Mensch und Geschichte verwurzeltes Denkschema, welches Menschen durch ihre Sozialisation gelernt haben. Jedoch hat jeder Mensch – unabhängig davon ob die Person selbst von Rassismus betroffen ist oder nicht – diesen in variierter Form angenommen. Deshalb ist Rassismus überall zu finden -auch in der Jugendverbandsarbeit in Deutschland.

Somit sind auch Jugendverbände Orte, an denen rassistisches Handeln auf all seinen möglichen Ebenen wirkt: Er kann auf institutionell- struktureller Ebene wirken, auf ideologisch diskursiver oder eben auf individueller. Auf den Jugendverband übertragen bedeutet dies, Rassismus kann strukturell zum Beispiel die Einbindung oder Entfaltung von Menschen erschweren, die von Rassismus betroffen sind. Ebenso können Betroffene durch die Darstellung, Ausschreibung, Planung oder Gestaltung von Materialien, Veranstaltungen oder Konzepten ausgeschlossen oder gar diskriminierend behandelt werden, zum Beispieldurch die Darstellung von vorurteilsbehafteten Zeichnungen. Und letztendlich machen von Rassismus betroffene Personen auch direkte und individuelle rassistische Erfahrungen auf Ferienfreizeiten, bei Projekten oder offenen Angeboten, welche mit sogenannten „Mikroagressionen“ beginnen können und dann schnell umschlagen können. Die sogenannten Mikroagressionen könnten Fragen sein, welche der Person das Gefühl vermitteln fremd oder anders zu sein, beispielsweise  bei wiederholtem Nachfragen von: „wo kommst du wirklich her?“.

Hiermit müssen Jugendverbände lernen umzugehen – möglichst professionell, konsequent und empathisch. Das Ziel der Jugendverbandsarbeit ist die Förderung von Kindern und jungen Menschen und fast jeder vierte junge Mensch in Deutschland ist aufgrund von Rassismus benachteiligt, belastet, ermüdet, bedrückt, verletzt oder verärgert. Ein unhaltbarer Zustand für die Jugendverbandsarbeit und ein Hindernis für die Findung einer gemeinsamen Identität und Zusammenhalt in der Gesellschaft.

Eine rassismuskritische Jugendverbandsarbeit zeichnet sich dadurch aus, dass sich Jugendverbände auf den Weg machen und das Thema Rassismus als Querschnittsthema bei ihren Angeboten mitdenken und sich und ihre Projekte selbst rassismuskritisch hinterfragen.

Was können Gruppenleitungen und Multiplikator*innen tun, um Diskriminierungserfahrungen entgegenzuwirken?

Der erste Schritt um Rassismus und Diskriminierung generell entgegenzutreten ist sich seiner eigenen „Positionierung“ klar zu werden. Es ist wichtig sich die Frage zu stellen: Wo bin ich in dieser Gesellschaft positioniert? Wo habe ich Vorteile, bzw. Privilegien und wo Nachteile durch bspw. mein Aussehen, mein Zugang zu Ressourcen, meine Familiengeschichte, meine (Aus-)Bildung, meine Staatsangehörigkeit, meine Sprachkenntnisse, rechtliche Regulierungen, mein soziales Umfeld? Wenn man sich seiner Positionierung bewusst ist, erkennt man schnell ungleiche Machtverhältnisse aufgrund von Rassismus und anderen Diskriminierungsformen, die man dann proaktiv zum Vorteil von diskriminierten Personen anpassen oder umkehren kann. Hierbei helfen insbesondere Schulungen zur kritischen Auseinandersetzung, wie sie unter Anderem vom Landesjugendring NRW angeboten werden. Die Auseinandersetzung mit dem Thema auf allen Ebenen ist essenziell, damit man Hürden, Schwierigkeiten und Reaktionen für und von Betroffenen besser einschätzen lernt und diese Personen dann aktiv fördern und einbinden können.

Generell gilt: Um Diskriminierungserfahrungen entgegenzuwirken sollte man diese nicht dulden.  Es gilt in rassistischen Situationen einzuschreiten und diese als solche anzusprechen – konstruktiv und deutlich. Außerdem gilt es Situationen (bei der Konzeption) mitzudenken und zu verhindern, welche eine Diskriminierung mit sich bringen könnten.

Wie kann eine rassismuskritische Arbeit in Jugendverbänden aussehen?

Eine rassismuskritische Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass sich Jugendverbände auf den Weg machen und das Thema Rassismus als Querschnittsthema bei ihren Angeboten mitdenken und sich und ihre Projekte selbst rassismuskritisch hinterfragen. Wie eine rassismuskritische Arbeit im Einzelfall aussieht ist in jedem Fall etwas anders, da jede Gruppe und jedes Projekt auf ihre Weise einzigartig sind– es gibt kein Patentrezept. Eine Grundvoraussetzung für rassismussensible Jugendarbeit ist jedoch die (Aus-) Bildung der Gruppenleitenden im Bereich der Rassismuskritik, damit diese bei der Projektkonzeption, -durchführung und –nachbereitung von Rassismus betroffene Menschen und ihre Lebensperspektive mitdenken, wahrnehmen und fördern können.

 

 

Maya Yoken hat langjährige Erfahrung in der Betreuung und dem Empowerment von Menschen mit Rassismuserfahrung in Deutschland. Außerdem besuchte sie Workshopreihen zu den Themen der rassismuskritischen Arbeit und des Empowerments und ist die rassismuskritische Koordinierungsperson der djoNRW.

Das Interview führte Katharina Mannel.