Seit mehreren Jahren toben im Nordirak und in Syrien die schlimmsten Kämpfe. Die Bilder, die man im Fernsehen und im Internet von Hinrichtungen sieht, zeugen von einem barbarischen System. Die Anhänger des IS (Islamischer Staat) töten, foltern, entführen, versklaven und vergewaltigen. Diese Terroristen wollen rücksichtslos, menschen- und kulturverachtend ihre verblendete Ideologie durchsetzen.
Abertausende Menschen sind inzwischen ihrer Heimat beraubt und auf der Flucht. Doch auch in den Flüchtlingsländern werden sie zu oft mit Misstrauen oder gar offener Ablehnung empfangen – auch in Deutschland. Als Jugendverband, der seine Wurzeln in der Flüchtlingsarbeit der Nachkriegszeit hat, ist das beschämend. Mit Schrecken sehen wir die Bilder von Großdemonstrationen, die sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten richten.
Deutschland kann nicht die Augen verschließen vor den Verbrechen und ihren Folgen, die derzeit in Syrien und dem Nordirak geschehen. Menschen und Kulturgütern wird derzeit gleichermaßen ein brutales Ende gesetzt – Geschichte und Gegenwart werden zugleich ausgelöscht.
Deshalb fordern wir, der Landesvorstand NRW der djo-Deutsche Jugend in Europa von den deutschen Politikern, dass sie alles in ihrer Macht stehende dagegen tun: Beendet das Morden der IS-Terroristen und stoppt die größte Flüchtlingskatastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg!
Seit Beginn des Krieges wurden mehr als 210.000 Menschen getötet. Die Leiden, die die Terroristen den Menschen in den umkämpften Gebieten antun, sind unbeschreiblich und unfassbar. Es kommt zu Massenvergewaltigungen und Sklaverei. Wer sich weigert, den Befehlen der IS-Terroristen Folge zu leisten, stirbt. Im Dezember 2014 wurde bekannt, dass über 150 Frauen – einige von ihnen schwanger – hingerichtet wurden, weil sie sich weigerten den sog. „Kampf durch Heirat“ zu vollziehen.
Besonders schlimm erging es in den letzten zwölf Monaten religiösen Minderheiten. Vor den Kämpfen lebten in den Regionen Sunniten, Alawiten, Christen, Jesiden und Juden neben- und teils miteinander. Doch in der jüngsten Vergangenheit wurden Jesiden und Christen im umkämpften Syrien und im Nordirak regelrecht abgeschlachtet. Der IS erklärte offen, dass sein „Ziel die kulturelle und religiöse Auslöschung der Identität der Jesiden ist“. Auch fast alle Christen sind mittlerweile getötet oder vertrieben, ihre Kirchen dem Erdboden gleichgemacht. Trauriger Höhepunkt war die Verschleppung hunderter assyrischer Christen Ende Februar. Ihr Schicksal ist zum großen Teil ungewiss.
Doch die Anhänger des Islamischen Staates wollen nicht nur Menschen und ganze Völkergruppen auslöschen. Auch vor kulturellem Erbe, Jahrtausende alten Monumenten machen sie nicht halt. Alte Paläste und Kultstätten, das kulturelle Gedächtnis der Menschen im Nahen und Mittleren Osten, das Kulturerbe des Orients, wollen die Anhänger des IS für immer auslöschen. Dafür soll eine neue Gesellschaft entstehen, die auf Unterdrückung, Angst und Unwissenheit aufbaut.
Der eigenen Geschichte verpflichtet
Mit dem Vorwand der Religion rechtfertigt der IS sein Morden und ein Ende ist nicht absehbar. Erst vor wenigen Tagen überfielen die Terroristen einige Dörfer von Christen. Wer mit dem Leben davon kam, hatte großes Glück. Doch viele sind nun Geiseln oder auf der Flucht. Die aktuelle Lage der Flüchtlinge ist katastrophal und überfordert laut Amnesty International die Weltgemeinschaft.
Unter den Flüchtlingen befinden sich auch viele Kinder und Jugendliche. Ihr Schicksal trifft uns als Jugendverband besonders. Mitte März gab UNICEF bekannt, dass sich vier Jahre nach dem Beginn des Konflikts in Syrien alleine rund 5,6 Millionen Jungen und Mädchen innerhalb der syrischen Grenzen in einer „akuten Notsituation“ befänden. Es fehlt meist an elementaren Dingen, an Wasser und an Nahrung. Hilfe können die Flüchtlinge kaum erwarten, denn oft leben sie in so abgelegenen oder von den IS-Terroristen abgeriegelten Regionen, dass Hilfsorganisationen wie etwa das Rote Kreuz gar nicht durchkommen. Wer Glück hat, dem gelingt die Flucht ins Ausland.
Auch in Deutschland haben derzeit zahlreiche Flüchtlinge aus den umkämpften Gebieten Syriens und des Nordiraks eine vorübergehende Heimat gefunden. Doch leider sind die Zustände in manchen Einrichtungen katastrophal und der Empfang der deutschen Bevölkerung oft wenig herzlich. Diesen Zustand empfinden wir, der Landesvorstand der djo-Deutsche Jugend in Europa, als erschreckend und beschämend zugleich. Gerade unsere deutsche Vergangenheit sollte uns zu einem besseren Umgang mit Flüchtlingen ermahnen. Wir fordern alle in Deutschland lebenden Menschen zu einem Bündnis der Menschlichkeit auf!
5 nach zwölf – Handeln! Jetzt!
Wir appellieren an die Politiker: Es ist Zeit zu handeln! An den Zielen und dem brutalen Vorgehen des IS bestehen keine Zweifel. Aktuell weniger, denn je: In einer Audio- und Textbotschaft bekennt sich der IS zu dem feigen Anschlag vom Mittwoch (18.03.) in Tunesien, bei dem 23 Menschen, darunter 20 Touristen, ums Leben kamen. In einem ausführlichen Bericht wertet seit gestern (18.03.) die UN die Angriffe auf die Jesiden, die Massaker, Folter und sexuelle Versklavung, als Völkermord.
In Bezug auf die vielen Flüchtlinge aus den Gebieten Syriens und des Nordiraks meinte jüngst Außenminister Frank-Walter Steinmeier: „Wir müssen uns mit aller Kraft dafür einsetzen, dass sie bald wieder in Freiheit leben können“. Vor einer Woche hat das Parlament der Europäischen Union einer Resolution zugestimmt, die es vorsieht, eine Schutzzone für die Assyrer und andere bedrohte Minderheiten in der nordirakischen Ninive-Ebene zu errichten
Diesen Aussagen müssen nun Taten folgen. Wir fordern die Politiker aller demokratischen Parteien in Deutschland auf, alles zu unternehmen, um dem Terror ein Ende zu setzen und den Menschen, die davor fliehen, eine Heimat zu geben. Die humanitäre Hilfe muss entschieden ausgeweitet werden. Für die umkämpften Gebiete wünschen wir uns eine friedliche Koexistenz der Religionen!
Persönlich betroffen
Von der schrecklichen und menschenverachtenden Lage in Syrien und Nordirak sind wir, die djoNRW, besonders betroffen. Der AJM (Assyrischer Jugendverband Mitteleuropa e.V.), eine Gruppe der djoNRW, ist mit vielen Helfern persönlich in den Flüchtlingslagern vor Ort, um den Menschen beizustehen. Viele Mitglieder des AJM haben oder hatten Verwandte in Syrien. Mit Sanharib Simsek, dem 1. Vorsitzenden des AJM und zugleich stellvertretender Landesvorsitzender der djoNRW stehen wir in engem Kontakt. Sanharib war selbst mehrfach in den umkämpften Gebieten und was er berichtete, ließ uns erschauern. Die Berichte die wir hörten, kann man nicht in Worte fassen.
Dem AJM und allen seinen Freunden danken wir für sein Engagement und drücken ihm unseren Respekt und Mitgefühl aus.
Der Vorstand des Landesverbands NRW der djo-Deutsche Jugend in Europa (djoNRW)